Einer der besten Aspekte der Pokémon Tekken-Meisterschaftsserie ist die Tatsache, dass sie relativ unbekannten Spielern die Möglichkeit bietet, sich einen Namen zu machen. Nirgendwo wurde das deutlicher als bei den deutschen Landesmeisterschaften, bei denen letztes Wochenende in Kassel drei großartige Spieler an ihre Grenzen gingen.
Es waren nicht nur neue Spieler, die einen positiven Eindruck hinterließen, auch Pokémon, die bisher eher selten in Aktion gesehen wurden, standen nun im Rampenlicht. Bei vergangenen Meisterschafts-Veranstaltungen dominierten Gewaldro und Lohgock das Geschehen, aber in Deutschland stürzten sich drei neue Pokémon ins Getümmel. Von der Glaskanone Schatten-Mewtu bis zum Zoning-Experten Guardevoir boten diese Kämpfer eine neue Perspektive auf Pokémon Tekken, die Zuschauern bei vergangenen Wettbewerben vielleicht entgangen ist.
Die Endrunden kamen richtig in Schwung, als Acco „Dark“ Bartels gegen Lion „Schiggy“ Meier antrat, ersterer mit Schatten-Mewtu und letzterer mit Glurak. Von Anfang an war klar, dass Bartels sich nicht auf einen Nahkampf mit Glurak einlassen wollte. Stattdessen hielt er das klassische Feuer-Pokémon mit Projektilen auf Abstand und bestrafte es, wenn es zu aggressiv wurde. Dazu kam noch Schatten-Mewtus irreführende Greif-Reichweite, die es Bartels ermöglichte, die höheren KP von Meiers Pokémon schnell zu reduzieren und dessen Vorteil so zunichtezumachen.
Dank seines KP-Vorteils gelang es Meier jedoch, den Schaden durch Bartels Schatten-Mewtu wegzustecken und sich mit Glurak seinem Gegner zu nähern. Diese Ungleichheit, gepaart mit der KP-Regeneration durch sein Helfer-Pokémon Cresselia, ermöglichte es ihm, Risiken einzugehen und den Abstand zu verringern, den Bartels unbedingt aufrechterhalten musste. Ein genau im richtigen Zeitpunkt eingesetzter Limitschlag verschaffte Meier einen Vorteil und seine totale Missachtung von Schatten-Mewtus Resonanzlimit war schließlich das Zünglein an der Waage. Bartels kehrte zu seiner Projektil-Strategie zurück, aber entscheidende kritische Treffer und die Fähigkeit, Schatten-Mewtus zerstörerische Energiesäulen zu überstehen, ebneten Meier den Weg ins Finale.
In der Verlierergruppe war Bartels gezwungen, ein zweites Mal gegen Justin „Justinpig“ Miller anzutreten. Miller wurde zuvor von Bartels in die Verlierergruppe befördert und stellte jetzt Bartels einziges Hindernis dar, um im Finale eine Revanche gegen Meier zu bekommen.
Als Guardevoir-Spieler konzentrierte sich Miller darauf, außerhalb der Reichweite des Gegners zu bleiben und ihm mit jeder Menge Projektilen zuzusetzen. Beide Spieler verfolgten zu Beginn des Kampfes diese Taktik, um vorsichtig herauszufinden, was der jeweils andere vorhat. Miller lag anfangs noch vorn, indem er Schatten-Mewtus niedrige KP ausnutzte, aber Bartels war damit noch lange nicht aus dem Rennen. Er nutzte sein Resonanzmeter effektiv aus, wodurch man Schatten-Mewtu nur selten ohne Resonanzlimit zu sehen bekam. Dadurch verfügte Bartels über eine bessere Beweglichkeit und stärkere offensive Möglichkeiten als das langsamere Guardevoir.
Miller hielt sich während Schatten-Mewtus Resonanzlimit mit Attacken eher zurück, sodass sich Bartels ungehindert übers Feld bewegen und Guardevoir bedrohen konnte, ohne auch nur eine einzige Attacke auszuführen. Bartels langsame, methodische Spielweise brachte Miller immer wieder in prekäre Situationen und auch die stetig ablaufende Zeit war nicht auf seiner Seite. Schatten-Mewtus Kontrolle über den Kampf zeigte sich besonders gut am Ende: ein Sprint kombiniert mit einem Greif-Angriff beendete das Match und trug Bartels eine Revanche gegen Meier im Finale ein.
Da Bartels aus der Verlierergruppe kam, stand ihm ein schwieriger Weg bevor. Er hatte bereits einmal verloren und musste dadurch zwei komplette Sets für sich entscheiden, um Meister zu werden, wohingegen Meier nur ein Set zu gewinnen hatte. Es kommt oft vor, dass dieser Druck die Entschlossenheit eines Spielers erschüttert, aber Bartels wirkte zuversichtlich und schien bereit, das einzusetzen, was er in seinem letzten Match gegen Meier gelernt hatte.
Der Kampf begann ähnlich wie die vorangegangenen Auseinandersetzungen. Bartels gab durch Zoning mit Schatten-Mewtus Projektilen das Tempo vor und strafte Glurak ab, wenn Meier einen Fehler beging. Er verleitete Meier zu einem Angriff und fertigte ihn dann mit Schatten-Mewtus Limitschlag ab. Dadurch bewies er, dass er im Gegensatz zu ihren vorherigen Kämpfen keine Angst mehr davor hatte, Glurak zu nahe zu kommen.
Trotz seiner Niederlage gegen Meier ließ Bartels sich nicht aus der Ruhe bringen. Dank einer Kombination aus gut getroffenen Entscheidungen und intelligentem Resonanzlimit-Einsatz, mit dem er fast alles konterte, was Glurak ihm entgegensetzte, gewann Bartels zwei Spiele hintereinander und läutete so das letzte Set ein. Wie schon bei vielen anderen Turnieren sollte sich auch bei diesem Wettbewerb alles in der letzten Runde des letzten Spiels entscheiden.
Im Verlauf des Kampfes schien alles zu Gluraks Gunsten zu laufen. Bartels versuchte es mit einem raffinierten Limitschlag, wurde aber von einem Greif-Angriff Meiers gestoppt. Doch wie in seinem Match gegen Miller kontrollierte Bartels die Arena während der Feldphase, und das änderte alles. Nach dem Verlust seines KP-Vorteils konnte Meier nicht viel gegen Schatten-Mewtu ausrichten und so fuhr Bartels einen atemberaubenden Sieg ein.
„Es war definitiv ein spannendes Spiel“, erzählte Bartels dem Kommentator Ryan „Prodigal Son“ Hart nach dem Finale. „Nach meiner Niederlage ist mir klar geworden, dass ich ‚Schiggy‘ zu viel Raum gegeben habe. Ich hatte zu viel Respekt vor seinem Glurak, hab nicht genügend Projektile nach ihm geworfen und ihn in der Duellphase nicht genug unter Druck gesetzt.“ Bartels änderte dementsprechend seine Spielweise, was es ihm ermöglichte, von der Verlierergruppe aus die Spitze zu erklimmen.
Seine Bemühungen bescherten ihm einen Platz bei den später in diesem Jahr stattfindenden Pokémon Weltmeisterschaften, ein guter Ausgleich für seinen 9. Platz bei den britischen Landesmeisterschaften. Viel Glück!