Selbst wenn dir der Name des Künstlers Mitsuhiro Arita kein Begriff ist, seine Kunst hast du garantiert schon mal gesehen. Er illustriert bereits seit mehr als 20 Jahren Karten für das Pokémon-Sammelkartenspiel – seitdem die allerersten Karten 1996 in Japan vorgestellt wurden. Seine Illustrationen sind auf mehr als 500 Karten zu sehen, darunter einige der unvergesslichsten Karten in der Geschichte des Spiels. Herr Arita hat das Pokémon-Sammelkartenspiel – und die Welt der Pokémon allgemein – dauerhaft und maßgeblich geprägt.
Vor Kurzem hatten wir Gelegenheit, uns mit Herrn Arita in Tokio zu unterhalten. Obwohl er meistens in seinem Heimstudio arbeitet, erklärte er sich freundlicherweise bereit, uns im Büro von Creatures Inc. – der Firma, die für die Entwicklung des Pokémon-Sammelkartenspiels zuständig ist – zu treffen.
Wie andere Künstler, die Karten für das Pokémon-Sammelkartenspiel illustrieren, ist auch Herr Arita kein Festangestellter von Creatures, wodurch er die Freiheit hat, zusätzlich an anderen Projekten zu arbeiten. Herr Arita erzählt, dass Pokémon zum Schwerpunkt seiner Karriere als Künstler geworden ist, aber sich dies niemals hätte vorstellen können, als er anfing. In Japan dauerte es nach der Einführung rund ein Jahr, bis Pokémon wirklich erfolgreich wurde, sodass Herr Arita zunächst keine Ahnung hatte, dass Pokémon mal zu dem globalen Phänomen werden würde, das es jetzt ist.
„Als ich zuerst anfing, am Pokémon-Sammelkartenspiel zu arbeiten, hätte ich nie gedacht, dass ich mehr als 20 Jahre später immer noch daran arbeiten würde,“ sagt er. Auf die Frage, ob er mehr für seine Arbeit verlangt hätte, wenn er es gewusst hätte, antwortet er mit einem scherzhaften „Natürlich!“.
Herr Arita brachte ein unglaubliches Zeugnis seiner Zusammenarbeit mit Pokémon zum Interview mit: eine dicke Mappe mit allen Karten, an denen er je gearbeitet hat.
„Beim Durchgehen sind mir viele Erinnerungen an sie gekommen und mir gefallen wirklich alle noch,“ sagt er. Insgesamt enthält die Mappe 537 Karten in chronologischer Reihenfolge. Das Durchblättern ist wie ein Gang durch die Geschichte des Pokémon-Sammelkartenspiels.
Herr Aritas weitreichender Einfluss wird gleich beim Anblick der ersten Seite der Mappe spürbar, wo das erste Glurak und das erste Pikachu der Pokémon-Sammelkartenspiel-Erweiterung Base Set zu sehen sind.
„Ich habe immer gedacht, dass ich nie wieder Karten zeichnen könnte, die so beliebt wie diese ersten zwei sind,“ sagt er. „Aber ich habe viel gutes Feedback zu einem neueren Mewtu erhalten, also gibt es vielleicht doch noch eine Chance!“ Er versichert uns, dass er sich durch Aufträge, diese bekannteren Pokémon zu zeichnen, nicht unter größeren Druck gesetzt fühlt.
Viel hat sich in den 20 Jahren geändert, seitdem Herr Arita anfing, Karten für das Pokémon-Sammelkartenspiel zu illustrieren. Er beschreibt, wie es am Anfang war – bevor das Pokémon-Sammelkartenspiel überhaupt auf den Markt gebracht wurde.
„Wie Sie wissen, erschienen die ersten Pokémon-Videospiele für den Game Boy auf monochromen Displays mit wirklich rudimentären Pixelbildern,“ sagt er. „Als ich mit diesem Projekt anfing, standen mir also nur diese Sprites, die Pixelgrafiken der Pokémon, als Referenz zur Verfügung.“ Es ist deshalb nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, dass Herr Arita durch seine eigene künstlerische Vision, die er aus diesen einfachen Grafiken entwickelte, das heutige Aussehen einiger Pokémon beeinflusst hat.
Um sicherzustellen, dass seine Illustrationen weiterhin bei Pokémon-Fans Anklang finden, verbringt Herr Arita einen ansehnlichen Teil seiner Zeit damit, die Videospiele zu spielen und sich die Zeichentrickserie anzusehen. Er gibt allerdings zu, dass er manchmal zu beschäftigt ist, um jedes Spiel auch zu beenden. Und ironischerweise spielt er das Pokémon-Sammelkartenspiel nicht so viel, wie er es gerne würde.
„Ich habe eigentlich keine Freunde, die in meiner Nähe wohnen, weswegen ich nicht viel Gelegenheit dazu bekomme,“ erklärt er. „In der Anfangszeit, als Creatures eine viel kleinere Firma war und wir das Spiel erst noch entwickelten, ja, da haben wir oft nach unserem Meeting Pizza bestellt und gespielt.“
Um sich über das Look-and-feel des Pokémon-Sammelkartenspiels auf dem Laufenden zu halten, studiert und zeichnet Herr Arita regelmäßig Pokémon. Er ist sich bewusst, dass eine seiner Stärken darin besteht, sich auf seinen eigenen Kunststil zu konzentrieren und nicht viel Zeit damit zu verbringen, was andere Künstler tun.
„Das Pokémon-Sammelkartenspiel hat die vielen Illustratoren, mit denen es arbeitet, schon immer damit begründet, dass es eine breite Stilvielfalt bevorzugt und die individuellen Persönlichkeiten dieser Künstler deswegen zu schätzen weiß,“ sagt er.
Auch Herr Aritas künstlerischer Prozess für seine Illustrationen des Pokémon-Sammelkartenspiels hat sich im Laufe der Jahre nicht verändert. Er beginnt mit einer handgezeichneten Skizze der Szene, wobei er Creatures mehrere Versionen zur Auswahl vorlegt. Sobald die allgemeine Richtung feststeht, fertigt er eine schwarzweiße Lineart-Version an, gefolgt von einer Vollfarb-Version, die dem Endprodukt immer mehr ähnelt.
„Jeder dieser drei Schritte unterliegt einem eigenen Prüf- und Genehmigungsverfahren, was einige Zeit erfordert,“ sagt er. Insgesamt, wenn man alle Planungs-, Zeichen- und Genehmigungsphasen mit einbezieht, dauert es ungefähr sieben Wochen, um nur eine Kartenillustration zu erstellen.
Weil er sich im Laufe der Jahre so viel Markenkenntnis angeeignet hat, besitzt Herr Arita sehr viel Freiheit, Pokémon so zu illustrieren, wie er es für richtig hält. Aber zuerst hilft Creatures immer dabei, die Szene und den Ton der Illustration zu definieren. Die Arbeit beginnt mit dem Auftrag über eine Illustration für eine bestimmte Karte und ein paar Informationen darüber, was das Studio in der Illustration gerne sehen würde, z. B. ein besonderes Thema oder ein spezifischer Standort.
„Sie möchten beispielsweise eine Stelle in der Alola-Region und geben mir vielleicht weitere Informationen zu diesem Ort,“ sagt Herr Arita. „Manchmal hat Creatures auch eine bestimmte Pose oder Attacke im Sinn, die ich einbauen soll.“
Herr Arita achtet darauf, dass jede Illustration ihre eigene persönliche Eigenart hat. „Bei meinen Illustrationen versuche ich immer, mich darauf zu konzentrieren, was dieses Pokémon ist, und nicht daran zu denken, was ich bereits mit anderen Pokémon gemacht habe,“ sagt er. Gerade bei manchen Pokémon kann dies jedoch eine Herausforderung sein. Herr Arita zieht ein Tarnpignon aus der großen Mappe mit seinen Karten und sagt, dass er sich manchmal etwas mehr anstrengen muss.
„Diese Art von Pokémon lässt sich schwer posieren. Ich habe versucht, kreativ zu denken, und es gegen einen Baum lehnend dargestellt, um eine Weichheit zu vermitteln, die dem Pokémon eigen ist,“ erklärt er. Er ist bei seinen Pokémon-Illustrationen besonders darauf bedacht, sie realistisch erscheinen zu lassen. „Ich habe schon immer meine Beobachtungen in der wirklichen Welt und der Natur benutzt, um Pokémon so darzustellen, als ob sie wirkliche Wesen sein könnten,“ sagt er. Zum Erfolg einer solchen Illustration gehört auch ein Hintergrund, der so weit wie möglich der wirklichen Natur entspricht.
Aber Herr Arita versteht auch, wie sich Pokémon im Laufe der Jahre verändert haben. Als wir uns die erste Zeichnung von Pikachu aus dem Base Set ansahen, wiesen wir darauf hin, dass das berühmte Pokémon damals viel rundlicher war.
„Pikachus Proportionen haben sich ein bisschen verändert, wahrscheinlich wegen der Zeichentrickserie. Es wäre schwierig, es mit den ursprünglichen Proportionen in Bewegung zu zeigen,“ erklärt er. „Aber auch heute, wenn ich Pikachu zeichne und es nicht gerade eine Action-Szene ist, bleibe ich noch immer bei dem älteren Design, wo es fast keinen Hals hat. Aber in bewegungsorientierten Szenen zeichne ich es in einem moderneren Stil.“
Auch ein besseres Verständnis von Sammelkarten als Medium hat seinen Stil beeinflusst. Er weist darauf hin, dass die Illustrationen älterer Karten in der Vergangenheit weniger detailliert waren, und zwar nicht nur im Pokémon-Sammelkartenspiel.
„Man kann dies auch in anderen Kartenspielen beobachten, wenn man sich beispielsweise die alten Erweiterungen von Magic: The Gathering ansieht. Die Illustrationen waren nicht unbedingt simpel, aber in den Szenen passierte allgemein nicht viel,“ sagt er. „Die moderneren Sachen sind wunderschön, aber alles ist einfach superdetailliert. Ich glaube, viele Fans wissen den alten Stil zu schätzen.“ Er führt einige dieser Veränderungen auf technologische Verbesserungen zurück – die Computer von heute erlauben es dem Künstler, mehr Details denn je hinzuzufügen. Aber wenn ein Bild verkleinert wird, damit es auf die Karte passt, kann es seine Wirkung verlieren.
„Manchmal sehe ich mir meine alten, einfacheren Designs an und versuche, aus ihnen zu lernen, um die Wirkung einer Karte aufrechtzuerhalten,“ sagt Herr Arita.
Andererseits hat das Aufkommen von Vollbildkarten es Herrn Arita und seinen Künstlerkollegen ermöglicht, etwas mehr Details als früher einzuarbeiten. Er zeigt uns eine Sammlung neuerer, ultraseltener Karten, an denen er gearbeitet hat, und erklärt, dass er bei diesen Karten einen bestimmten Look verfolgte.
„Ich glaube, dass wir als Künstler alle kreativ versuchen, die Kunst auf diesen Karten noch größer aussehen zu lassen, als sie eigentlich ist. Wir denken also darüber nach, was über den Rahmen hinausragen wird,“ sagt er. „Oder bei holografischen Karten beachten wir, welche Teile funkeln und glänzen werden.“ Er fügt hinzu, dass dies dem widerspricht, was er gerade über die größere Wirkung einfacherer Karten gesagt hat, aber dass die größeren und komplexeren Illustrationen ihm die Freiheit geben, neue Dinge auszuprobieren.
Genau wie sich Pokémon auf subtile Weise verändert haben, hat sich auch Herr Aritas technischer Ansatz einem Wandel unterzogen. Fortschritte in der Computertechnologie haben seinen Prozess auf jeden Fall verbessert und ihm ermöglicht, schneller und an größeren Projekten zu arbeiten. Er hat schon immer einen Computer verwendet, um seinen Illustrationen digital Farben zu verleihen, aber an Illustrationen zu arbeiten, die größer waren als ein Kartenbild, war schwierig.
„Die Leistung der Computer war damals so schwach, dass ich eine Illustration in Postergröße in mehrere Abschnitte aufteilen musste und beim Auftragen der Farbe an die anderen Abschnitte denken musste. Es war also damals eher eine Qual, Computer zu benutzen. Die technologischen Verbesserungen haben es wesentlich einfacher gemacht,“ sagt er.
Die visuelle Ästhetik von Pokémon, mit ihrer Anlehnung an Zeichentrick und Manga, macht es einfacher, die Illustrationen zu manipulieren. Herr Arita erklärt, dass es wesentlich leichter ist, die Proportionen richtig zu gestalten, wenn man an einem 2-D- anstatt einem 3-D-Bild arbeitet. „Sobald ein Bild ein 3-D-Modell wird, wo Proportionen und alles andere wichtig sind, treten viele Schwierigkeiten auf. Es ist einfach, abstehende Haare in 2-D zu zeichnen, aber sobald man an einem 3-D-Modell arbeitet, wird es zu einer Herausforderung,“ sagt er.
Über seine eigene Arbeit sagt Herr Arita: „Ich versuche, immer mein Bestes zu geben und die Beurteilung und Wertung meiner Kunst der Zukunft zu überlassen.“ Nach 500 Karten und mehr als 20 Jahren, in denen er seine kreative Vision in das Pokémon-Sammelkartenspiel hat einfließen lassen, kann Herr Arita mit seinen dynamischen Beiträgen zum Pokémon-Universum zufrieden sein. Wir freuen uns auf seine künstlerischen Kreationen in zukünftigen Erweiterungen des Pokémon-Sammelkartenspiels!